Die Bemessung von Bauteilen, Komponenten und Strukturen auf Grundlage der Festigkeitsberechnung ist mit Unsicherheiten behaftet. Besonders bei dynamisch beanspruchten Bauteilen sind die Beanspruchungen in ihrer Größe, ihrer statistischen Verteilung sowie ihrer Wirkungsrichtung und Charakteristik meist nicht genau bekannt. Im Sinne einer anzustrebenden Leichtbautechnik der Bauteile ist es für die betriebsfeste Bemessung wichtig, Kenntnis über die Beanspruchungen zu erhalten. Die Beanspruchungen werden im realen Einsatz des Bauteils messtechnisch mit Sensoren erfasst.

Kräfte und Dehnungen, die als Beanspruchungsgrößen für Betriebsfestigkeitsversuche oder für den rechnerischen Betriebsfestigkeitsnachweis notwendig sind, werden beispielsweise mit Dehnungsmessstreifen gemessen. Für Betriebsfestigkeitsnachfahrversuche in Rüttelprüfständen dienen gemessene Beschleunigungen häufig als Eingangsgrößen zum Einrichten der Prüfstände.

Die im realen Einsatz der Bauteile ermittelten mechanischen Größen liegen als Beanspruchungs-Zeitfunktionen, als sogenannte „Rohdaten“, vor. Innerhalb der Betriebsfestigkeit werden diese Daten unter Anwendung statistischer Zählverfahren (Matrizen und Kollektive) und Spektralbereichsprozessen (bspw. Frequenzanalyse, Übertragungsfunktionen) für weiterführende Untersuchungen in Prüfständen aufbereitet.

Grundlage unserer prüftechnischen Untersuchungen sind die realen Beanspruchungen, die an den Bauteilen und komplexen Strukturen ermittelt wurden. Mit den modernen Methoden der Signalverarbeitung und der Betriebsfestigkeit werden die Messsignale prüfstandsgerecht aufbereitet. Nichtschädigende Beanspruchungen können den gemessenen Signalen entnommen und die Prüffrequenz dem zu untersuchenden Prüfling angepasst werden. Dadurch entsteht ein hoher Zeitraffungseffekt für die Prüfläufe. Die auf diese Art und Weise erzeugten dynamischen, regellosen Beanspruchungen werden als synthetische Beanspruchungen bezeichnet. Die synthetischen Beanspruchungen haben die gleichen statistischen Eigenschaften sowie das gleiche Schädigungsverhalten wie das im realen Einsatz des Bauteils gemessene Originalsignal. Betriebsfestigkeitsversuche erfolgen meist mit einaxialer Prüfanordnung. Mit Betriebsfestigkeitsversuchen kann der experimentelle Betriebsfestigkeitsnachweis für Bauteile und Strukturen erbracht werden.

Betriebsfestigkeitsnachfahrversuche werden in den meisten Fällen mit mehreren Anregungszylindern durchgeführt. Dabei sind die in der Realität gemessenen Beanspruchungen die Eingangsgrößen für die Prüfläufe. Diese werden prüfstandsgerecht aufbereitet (gefiltert und zeitgerafft). Das Einrichten des Prüfstands auf diese Signale erfolgt in „Iterationsprozessen“.

Beispielsweise werden zum Einrichten von Rüttelprüfständen Beschleunigungsgrößen verwendet. Die Simulation des Schädigungsverhaltens an den zu untersuchenden Bauteilen im Prüfstand erfolgt über den Vergleich der Beanspruchungen anhand der Kraft- oder Dehnungssignale aus Messungen im realen Einsatz der Bauteile.

Mit Betriebsfestigkeitsnachfahrversuchen können komplexe Baugruppen hinsichtlich der Beurteilung der Betriebsfestigkeit untersucht werden. Der Betriebsfestigkeitsnachfahrversuch stellt das moderne Nachweiskonzept innerhalb der Betriebsfestigkeit dar.